Workshop „Perspektiven der Riemer-Sammlung Wittenberg“
am 16.11.2012 im Malsaal der Chranach-Stiftung
Resümee

Leider steht der abgestimmte Text des Resümee momentan nicht zur Verfügung. Er wird spätestens am 12.12.2012 hier nachzulesen sein. Bitte haben Sie Verständnis dafür und besuchen uns in einigen Tagen erneut.

1.         Ziel der Veranstaltung

Vor dem Hintergrund des von der Neuordnung der Wittenberger Museumslandschaft betroffenen ehemaligen Riemer-Museums bestand das Hauptziel des Workshops in einem Erfahrungsaustausch zu Organisations- und Finanzierungsmodellen sowie Kooperationsmöglichkeiten im Bereich naturkundlicher und ethnologischer Museen in Mitteldeutschland. In Ergänzung zu den Vorschlägen des von städtischer Seite berufenen wissenschaftlichen Beirates sollten bei dieser Gelegenheit Stimmen auch von Biologen, Ethnologen sowie von weiteren Museologen entsprechender Fachmuseen zu Wert und möglichen Perspektiven der Riemerschen Sammlungen gehört werden. Der in kleinerem Rahmen geplante Ideenaustausch stellt damit einen ersten Schritt hin zu einer umfassenderen Beteiligung breiter Interessentenkreise an der Diskussion um die zukünftige Ausrichtung und Organisation des Sammlungsbetriebes dar.

 

2.         Organisation und Finanzierung

Sehr gute Erfahrungen werden vom Naturkundemuseum Mauritianum in Altenburg berichtet, wo ein Förderverein das Museum in seine Verantwortung genommen hat, wobei der Landkreis weiterhin Eigentümer des Hauses und der Bestände bleibt. Der Verein verfolgt ein Konzept, das die laufende Integration aktueller ethnologischer und Naturschutzthemen in den Museumsbetrieb beinhaltet und voraussetzt. Durch damit erreichbare Projektfördermittel aus den verschiedensten Bereichen – von der EU-Landwirtschaftsförderung bis hin zur politischen Bildung – gelingt es, die vom kommunalen Eigentümer zur Verfügung gestellte pauschale jährliche Förderung von 270.000 Euro stabil auf das Drei- bis Vierfache zu erhöhen. Zusammen mit den aus der jährlichen Förderung zu bezahlenden sechs festen Mitarbeitern, darunter vier Wissenschaftlern, ist es so gelungen, derzeit insgesamt 25 Personen, darunter 15 Wissenschaftler, am Mauritianum zu beschäftigen. Darüber hinaus ist auch die Summe für Museumsankäufe in den letzten sechs Jahren von 600 Euro auf gegenwärtig zwischen 10.000 – 20.000 Euro angewachsen.
Der erfolgreiche Betrieb des Museums wiederum wirkt sich auf weiteren Gebieten ausgesprochen positiv aus: Zum einen fließt der größte Teil des durch auswärtige Drittmittel erwirtschafteten Geldes (geschätzte 2 – 3 Mio. Euro von etwa 4,5 Mio. Euro Gesamthaushalt in den letzten fünf Jahren) – zu einem guten Teil durch direkte Aufträge – wieder in die örtliche Wirtschaft zurück. Zum anderen bekommen insbesondere junge Wissenschaftler und ihre Familien eine gewisse Perspektive in der ansonsten relativ strukturschwachen Region um Altenburg, zumal es zumeist gelingt, Personal aus auslaufenden Projekten in Folgeprojekten zu beschäftigen.
Die mit den Wissenschaftlern vor Ort gehaltene Kompetenz wiederum garantiert eine qualitätsvolle Museumspädagogik zu naturwissenschaftlichen Themen, beispielsweise in einem regelmäßig von etwa 120 Kindern verschiedener Altersgruppen besuchten Kinderkolleg. Unter anderem dadurch ist es gelungen, die Zahl von 14.000 Besuchern pro Jahr bei stark sinkender Einwohnerzahl auf gleichbleibendem Niveau zu halten. Attraktiver ist das Museum für manche geworden, seitdem kein Eintritt mehr erhoben wird: Die Kosten für die Kassenkräfte lagen vorher regelmäßig deutlich über den Einnahmen durch Eintrittsgelder.

Haben kleinere Einrichtungen, die von städtischen Strukturen und Haushalten abhängen, wie etwa die Naturkundemuseen in Dessau und Leipzig, durchaus vergleichbare Schwierigkeiten, ihre Existenz in Konkurrenz zu anderen stadtpolitischen Forderungen zu behaupten, gehen die größeren Einrichtungen in der Region derzeit unterschiedliche erfolgreiche Wege:

Das Naturkundemuseum Berlin ist als eines der größten deutschen Naturkundemuseen wie viele andere große Museen seit einiger Zeit eine Stiftung öffentlichen Rechts und mit anderen wichtigen Forschungseinrichtungen in der als Verein organisierten Leibniz-Gemeinschaft verbunden, während am Zentralmagazin der Naturwissenschaftlichen Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gegen den Trend und nach bewußter Entscheidung der Universität für die Sammlungen am Aufbau eines Naturkundlichen Universitätsmuseums gearbeitet wird. Auch diese Einrichtungen arbeiten mit einem hohen Anteil an Drittmitteln, Halle beispielsweise zu etwa 20 – 30 %.

An allen Einrichtungen spielen Fördervereine eine wichtige Rolle, auch wenn sie durch bloße Mitgliedsbeiträge und Spenden allein in der Regel nur begrenzte Beiträge zu den Haushalten der Museen leisten können. Unverzichtbar ist ihre Funktion als Bindeglied zur städtischen Öffentlichkeit. Das Altenburger Beispiel zeigt, dass Fördervereine darüber hinaus erfolgreich als Museumsbetreiber auftreten können, und selbst dort, wo Museen momentan nur wenig energisch betrieben werden, wie in Dessau, ist die Notwendigkeit von Fördervereinen als Stelle für die buchhalterisch einfachere Akquise und Ausgabe von Spendengeldern anerkannt.

 

Fazit

Professionell beantragte und umgesetzte Drittmittelprojekte mit ortsansässigen und auswärtigen Partnern könnten auch in Wittenberg eine interessante Perspektive für einen erfolgreichen Betrieb der ethnologischen und naturkundlichen Sammlungen sein. Da auch aus der Stadt von schlechten Erfahrungen mit nebenamtlicher Drittmitteleinwerbung berichtet wird, dürften folgende Voraussetzungen zu einem entsprechenden Betrieb gehören:

  1. Ein engagierter Förderverein, der die Museumsmitarbeiter bei ihren Vorhaben unterstützt.
  2. Eine vor allem mit der Beschaffung von Drittmitteln befasste Stelle, die am Museum angesiedelt sein muss.
  3. Die Herauslösung des Betriebes aus den Zwängen kommunaler Buchführung. Die Vorteile einer selbständigen Organisation werden von verschiedenen Seiten deutlich betont.
  4. Die Gewährung eines Mindestbetrages an Eigenmitteln durch den Eigentümer, der über mehrere Jahre hinweg festgelegt wird.

Empfohlen wird ein genauer Blick auf die Notwendigkeiten eines Museumsbetriebes, so beispielsweise auf die mit der Erhebung von Eintrittsgeldern verbundenen Kosten. In Diskussion könnten auch vom Forschungsbetrieb losgelöste Stellen für die Museumspädagogik stehen: Aufgaben, die durch auf den entsprechenden Gebieten arbeitende Wissenschaftler möglicherweise besser wahrgenommen werden können.
Allgemein lässt sich sagen, dass der Betrieb einer ethnologischen und naturkundlichen Sammlung in Wittenberg auch unter gegenwärtigen Bedingungen bei angepasster Organisation und Arbeitsweise realistisch erscheint.

 

3.         Kooperationen

Kooperationsbereitschaft wird von Seiten benachbarter Einrichtungen durchweg bekundet, auch von auf dem Workshop nicht vertretenen Institutionen. Angesprochen werden neben Vorträgen zu ethnologischen und naturkundlichen Themen und gegenseitigen Besuchen Möglichkeiten gemeinsamer Ausstellungs- oder Forschungsprojekte. Denkbar bleibt die Teilung von Personal bei knappen Haushaltsmitteln.
Aufgrund der begrenzten Diskussionszeit bleiben wichtige Fragen der überörtlichen Zusammenarbeit noch unangesprochen.

 

4.         Nächste Schritte

Eine Runde lokaler Interessenten sollte das weitere Vorgehen in engem Kontakt mit den Teilnehmern des Workshops und weiteren Entscheidungsträgern diskutieren.
Mehrere anwesende Stadträte schlagen die Behandlung des Themas im Kulturausschuss vor, auch mit Blick auf eine stärkere Einbindung der Schulen und weiterer Bildungseinrichtungen.
Von verschiedenen Seiten wird empfohlen, neben den gegenwärtig im Artilleriewagenhaus präsentierten Stücken zur Stadtgeschichte auch die Riemerschen Sammlungen in der Bauphase auf die eine oder andere Weise sichtbar zu halten.
Die Bürgerinitiative plant, zu einem Förderverein der Sammlungen zu werden, der partnerschaftlich mit den Mitarbeitern des Museums zusammenarbeitet.
In Fortsetzung des Workshops und zur Diskussion offengebliebener Fragen wird über die Organisation einer weiteren Veranstaltung nachgedacht.

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